Inhaltsverzeichnis / Startseite

s’Gschwerl

In vielen bairischen Sagen kommen mystische Gestalten vor. Dabei lassen sich viele unterschiedliche Beschreibungen, je nach Region oder Geschichte zu den einzelnen Gestalten finden. Der Spielleiter kann daher vieles so verwenden wie es für sein Setting passt. Allgemein aber sollte man beachten, dass den Wesen nicht oder kaum mit normalen Mittel beizukommen ist. Ein Kampf ist meist aussichtslos, denn entweder kann ihnen gar kein normaler Schaden zugefügt werden oder sie sind so gefählich/mächtig, dass ein Angriff auf sie, das Leben des Spielecharakter stark verkürzt würde. Daher geben wir keine Werte für sie an, sondern nur eine Stichpunktartige Zusammenfassung der typischen Eigenschaften.
Für Abenteuer oder eine Kampagne die die Begegnung mit Sagengestalten als zentralen Inhalt hat, empfiehlt es sich für den Spielleiter sich mit diesen in der Literatur auseinanderzusetzen.

Drud, Druderer

„Eine andere Dirn wußte, wie es der Knecht inne habe, daß sie eine Drud wäre, und bat ihn daher, ja dem Dienstherrn es nicht zu verrathen, sie müsse sicher aus dem Dienste und wisse nicht wohin. Zum Lohne für sein Versprechen des Schweigens gab sie ihm eine Schürze, die ihm schon lange so sehr gefallen, um sich eine Weste davon machen zu lassen. Der Knecht konnte sich aber in die Länge nicht halten, und vertraute einmal dem Bauer im Stalle sein Geheimniß. Als sie sich umwendeten, sahen sie die Dirn mit einem Päckchen und einem Beile bey der Hinterthüre hinauswischen; sie hatte es gehört. Da fürchtete der Bauer, sie möchte sich ein Leid anthun, und lief ihr nach und rief ihr zu, sie dürfe ihm sein beßtes Roß im Stalle erdrücken, wenn ihr das helfen könne.
Und sogleich fuhr sie in den Stall auf das schönste Roß zu, saß als Katze oben, und in Kurzem fiel es tod zusammen. Sie war nun erlöst und lohnte ihrem Herrn das Pferd reichlich durch ihren Eifer in der Arbeit und ihre Treue. Amberg. In anderen Sagen ist es ein schwarzes Roß.“

Es gibt verschiedene Arten der Drud. Zum einen die böse Drud, die aus freien Stücken „druckt“ und die Verfluchten. Beiden gemeinsam ist, das die meisten Mitmenschen sie sehr fürchten.

Eigenschaften:

  • sind zumeist Frauen
  • viele sind verflucht
  • verlassen Nachts mit geisterhafter Gestallt ihren Körper
  • setzen sich auf die Brust Schlafender und rauben ihnen Kraft und Erholung genannt „drucken“
  • können durch die kleinsten Ritzen und Löcher gelangen
  • können erlöst werden durch ein teures Tier als Geschenk das sie zu Tode „drucken“ können.
  • können erlöst werden indem man zu ihnen sagt: „du bist a Drud“ und den Fluch somit auf sich selbst nimmt.

Graue Männlein

Die Grauen Männlein sind Zwerge oder kleine Menschen, denen man meist in den Alpen oder im Alpenvorland begegnet. Sie gehen meist ihren eigenen Beschäftigungen nach ohne um sich um die normalen Menschen zu kümmern.

Eigenschaften:

  • Leben in Bergen
  • Haben immense Reichtümer und Schätze
  • erbitten manchmal die Hilfe oder Dienste von Menschen
  • belohnen diejenigen die ihnen helfen reichlich
  • bestrafen diejenigen die unredlich sind und/oder Hilfe verweigern
  • den Eingang zu ihren unterirdischen Behausungen können meist nur sie selbst sehen
  • (Ihre Höhlen und Behausungen sind in anderen Welt)
  • (Sie können zwischen Ihren Städten schneller Reisen als an der Oberfläche)

Schrazeln

Die sehr kleinen „Zwerge“, oder Natur- und Erdgeister bekommen die meisten Menschen nie zu Gesicht. Doch sind sie gern gesehene Helfer.

Eigenschaften:

  • leben unter der Erde oder in hohlen Bäumen
  • können nur in der Nacht auf die Oberfläche kommen
  • helfen gerne den guten und redlichen Menschen bei der Hausarbeit
  • nehmen sich als Lohn Essenreste die die Menschen für sie übriggelassen haben
  • Beschenkt man sie, als Lohn für ihre Hilfe, so müssen sie die Menschen verlassen
  • Waren in alten Zeiten häufig anzutreffen.

Feurige Männer, Feurige Landsknechte

„544. Die feurigen Männer.Mündlich.
Zwischen Thalmassing und Dinzling ist eine Mühle, die heißt man die Teufelsmühle und weiter hinein in der Waldgegend heißt man’s in der Hölle. Da sind in frühern Zeiten oft feurige Männer gesehen worden, welche vor den durch den Wald Fahrenden oder Gehenden hergingen und den Weg erhellten, so daß sie glücklich hindurch fanden. Einmal fuhr ein Bäuerlein von Dinzling, das nach St. Emmeram in Regensburg gehörte, in aller Morgenfrühe mit einem Fuder Holz durch den Wald und warf mit seiner Fuhre, da es sehr dunkel war, um. »Wenn nur der feurige Mann da wär‘,« sprach er etwas schalkhaft so vor sich hin, »daß ich mein Holz wieder aufladen könnte.« Plötzlich fuhr’s wie ein zuckender Blitz daher, und das hellste Licht schien um den Wagen und um die Rosse. So konnte er wieder aufladen und weiter fahren, indem die Bahn vor ihm, wie von Tageshelle, umleuchtet war. Als er das Ende des Waldes erreicht, murmelte er vor sich hin: »Gottlob, daß ich jetzt so leicht da herausgefunden habe« – und plötzlich verschwand das Licht und der feurige Mann ließ sich von diesem Tage an nicht mehr sehen“

Das Aufbuckln, das sich am Rücken tragen lassen, eines feurigen Mann ist für den Menschen eine furchteinflößende Erfahrung. Dies passiert aber zumeist nur dann, wenn man gegenüber ihnen unfreundlich war.

Eigenschaften:

  • sind eigentlich Geister 
  • aus ihren Mündern lodern Flammen
  • ruft man sie, so leuchten sie einem nach hause
  • beleidigt man sie, rächen sie sich aber (Aufbuckl)

Hexen

„1257 Hexenküche auf einer Alm. Mündlich.
Ein armer Kerl stieg auf eine Alpe bei Miesbach, sich bei den Sennern oben Käs und Milch zu betteln. Wie er hinaufkommt, findet er die Alpenhüte verlassen, steigt auf den Heuschober, weil es Nacht wird, und vergräbt sich in’s Heu, zu schlafen. Um Mitternacht wird er unruhig, ein Rauch dringt zu ihm herauf, er reckt sich auf und sieht unten ein Feuer prasseln und Hexen und Teufelsgesindel ein Tänzlein halten. Er meint ungesehen den Spektakel mitanzusehen, da reicht ihm plötzlich Einer ein Stück köstlichen Bratens auf einer Stange. So guten Appetit er auch hat, so kann er doch vor Schrecken nichts essen. Des andern Morgens liegt der Braten noch bei ihm, es war aber stinkendes Schinderfleisch.“

Die meisten Hexen und Hexenmeister stehen mit dem Teufel im Bunde. Sie verehren ihn entweder oder sind einen Pakt mit ihm eingegangen, um persönliche Vorteile zu erlangen. Nur wenige Hexen ziehen ihre Kraft aus älterem vorchristlichen Wissen.

Eigenschaften:

  • stehen oft mit dem Teufel im Bunde
  • beherrschen allerlei Zauberkunst
  • Reiten nachts auf Besen, Heu- oder Mistgabeln durch die Lüfte
  • Manche können sich in Katzen verwandeln
  • manche wollen nicht entdeckt werden und niemanden was tun
  • manche können ihre Gestalt wandeln

(Hexen-)Katzen und Kater

„Ein Geistlicher hielt sich einen Kodera, Kater; groß und schön war sie seine einzige Freude, daher auch bey dem Essen stets mit auf dem Tische zu Gaste.
Eines Abends wurde der Geistliche zu einem Kranken gerufen. Als er in der Nacht wieder heimkehrte, sah er in einem Stadel vor dem Dorfe Licht und hörte Musik. Er ging drauf zu, was sah er? sein Kater saß da und geigte, andere Katzen aber sangen und tanzten.
Wie es wieder Essenszeit wurde, war der Kater der erste auf dem Tische; da sagte der Pfarrer, indem er ihn streichelte: »Kodl, Kodl, wo bist du gestern gewesen?« Er hatte aber die Worte noch nicht aus dem Munde, als die Katze schon zum Fenster hinaus war und sich nicht mehr sehen ließ. Neunburg v.W.“

Eigenschaften:

  • sind intelligente Katzen
  • geben sich nicht zu erkennen
  • sind im oftmals böse
  • verteidigen ihr Gebiet auch gegen menschliche Eindringlinge
  • selten nehmen sie die Hilfe von Menschen an und bedanken sich mit Schätzen
  • nehmen an Katzenprozessionen und Katzenfesten teil

Geister

Eigenschaften:

  • waren zu Lebzeiten unredlich
  • müssen nachts wiederkehren bis sie erloest werden
  • manche können nicht erlösest werden
  • nicht alle sind böse, aber selbst die guten sollte man nicht reizen
  • kommen in vielen verschiedenen Formen vor, meist aber in Menschengestalt
  • mögliche Tiergestalten, Kröten, Katzen, schwarze Kälber
  • manche können sich auch selbst erlösen, durch eine bestimmte Tat (eine Kröte auf Wallfahrt)

Zigeuner

„1069 Der Garten am Waldstein.
Der theilweise mit Gebüsch bewachsene, abhängige Platz, über welchen der breite jetzt mit Bäumchen bepflanzte Weg aus der Veste herabführt, heißt der »Garten.« Da haben einstmals Zigeuner ihren Wohnsitz aufgeschlagen gehabt und einen Garten angelegt, in den sie mancherlei schöne Blumen pflanzten. Nun sind freilich die Zigeuner lange verschwunden und todt, und vom Garten ist keine Spur mehr vorhanden, aber jährlich blühen hier aus dem Waldboden noch manche wunderbare Blumen auf. Und am Johannistage kommen viele Leute herauf, um diese Blumen zu pflücken und sie als Thee zu kochen, weil sie eine heilsame Kraft gegen viele Krankheiten in sich tragen.“

Eigenschaften:

  • dürfen oft nicht in die Dörfer
  • betteln um Nahrung und Kleidung
  • können das Feuer beherrschen
  • können weissagen

Anmerkung: Der Begriff „Zigeuner“ wird hier im historischen Kontext der Sagen verwendet. Aus heutiger Sicht handelt es sich dabei, um eine negative bzw. rassistische Bezeichnung für Sinti und Roma im engeren Sinn bzw. nicht seßhafte Personen im allgmeinen, und wird daher, ausser im genannten Kontext, nicht verwendet. 

Wassermänner

Eigenschaften:

  • bewohnen Flüsse, Seen und Weiher
  • sind fast immer böse
  • können Menschen in die Tiefe ziehen
  • beherrschen manchmal Wasserfrauen

Wasserfrauen

Eigenschaften:

  • bewohnen Flüsse, Seen und Weiher
  • sind zumeist wunderschön
  • können wunderbar singen
  • manchmal folgen ihnen junge Männer ins Wasser (die manchmal wieder auftauchen oder auch nicht)
  • können gefangen genommen werden und dann als Magd dienen, nutzen dann aber jede Möglichkeit zur Flucht

Waldweiberl

Eigenschaften:

  • sind sehr kleine Frauen die im Wald leben
  • kleiden sich in Moos und anderen grünen Pflanzen
  • haben manchmal einen Gatten
  • können zur Arbeit gefangen werden, dann kommt jeden Tag der Gatte und jammert fürchterlich

Klagemütter

Eigenschaften:

  • erscheinen als alte verschleierte und schwarz gekleidete Frauen
  • weinen und klagen vor dem Haus in dem bald ein Todesfall zu beklagen ist

Venediger oder Venetzianer

„1066. Der einäugige Venediger. Mündlich.
Es gingen einmal mehrere Bauern vom Wirthshaus heim; da blies ihnen ein mächtiger Wirbelwind entgegen. Einer, Hans mit Namen, nahm sein Messer heraus und warf es in die Windsäule. Da sahen die Bauern auf einmal einen Venediger darin, dem Hans das Auge ausgeworfen hatte. Wohl verbargen sie sich gleich, der Wälsche hatte aber den böswilligen Thäter erkannt. Dieser sah sich eines Tages plötzlich in eine große, fremde Stadt versetzt, er wußte nicht wie. Als er die Häuser verwundert beschaute, wurde plötzlich laut sein Name gerufen, ein Mann kam aus einem Hause heraus, und gebot ihm, zu folgen. Sie traten hinein, da glänzte Alles von Gold und Silber, der Mann aber hatte nur ein Auge. Mit diesem schaute er den Hans starr an; dann sagte er: »Sieh, ich könnte dich jetzt strafen für deinen Leichtsinn, denn du warst es, der mir im Fichtelgebirge muthwillig das Auge genommen. Das sei jedoch ferne von mir. Hier, nimm‘ dies zum Andenken an mich!« Und der erstaunte Bauer fühlte sich mit reichen Schätzen beladen, konnte aber vor Scham und Schrecken kein Wort reden. Alles verschwand wieder im Augenblick, der Bauer sah sich in seine Hütte zurückversetzt und nur die Schätze waren ihm geblieben. Er war jetzt ein reicher Mann.“

Ob die Stadt und der Name tatsächlich für Venedig steht ist nicht klar. Aber das ihr Stadt großen Reichtum besitzt ist unbestritten. Sie reisen von und zu ihrer Stadt oft in kürzester Zeit.

Eigenschaften:

  • suchen nach Steinen und Mineralien, haben aber kein Interesse an Gold
  • kommen von weit her, aber der Ort ist unbekannt
  • nehmen gerne Hilfe an

Die Helfer „verschlägt“ es manchmal in die wunderschöne Stadt der Venediger in der sie zum Dank reich bewirtet werden.

Inhaltsverzeichnis / Startseite